Sonntag, 16. Mai 2021

Niemals fertig, immer besser: ein Buch zum Mitdenken

 So war's von Anfang an gedacht: Wer liest, soll fragen. Und genau das hat auch der Autor getan, immer wieder nachgefragt, die veränderten Kontexte der Zeit berücksichtigt, neues Wissen und die intelligenten Beiträge anderer aufgegriffen.

Darüber ist er 70 Jahre alt geworden - ein alter weißer Mann - und dass er einmal weise werden könnte, erscheint ihm ebenso schwer vorstellbar wie dass er Kindheit, Jugend, Studium und Lebenspraxis mit allen Sensationen, Fehlern, Überraschungen, Niederlagen und Glücksmomenten für wiederholbar, geschweige korrigierbar hielte. Leben ist Geschenk - und was daraus wird, hängt von derart vielen, unbeeinflussbaren Faktoren ab, dass einam nur die Wahl bleibt, lebenslang zu lernen.


Schönstes Geschenk zum 70sten: Die Neufassung von "Der menschliche Kosmos", und dass es wieder im Salier Verlag Leipzig erschien, mit dem mich seit 2006 alle meine Bücher verbinden.

Neu ist - neben vielem anderen - das Vorwort. Weil es von Herzen kommt, sei's hier als neue Leseprobe eingefügt. Lust auf mehr kann sich holen, wer die im Blog veröffentlichten Kapitel der Erstausgabe von 2006 anschaut. Viel Vergnügen.

Vorwort in eigener Sache - aber nicht nur

Im Jahr 2016 – ich hatte gerade das Rentenalter erreicht – machte ein Freund namens Hein der Frau meines Herzens einen unwiderstehlichen Antrag. Sie wies ihn ab. Er hinterließ ihr als Andenken einen Flug im Rettungshubschrauber, allerlei bunte Komaträume und uns beiden viele, viele Gründe uns zu freuen: Dass Shi Qin wieder selbständig atmete, das Bewusstsein wiedererlangte, allerlei Schläuche loswurde, die sie am Leben gehalten hatten, zum ersten Mal vom Rollstuhl aus die Koi im Teich und die wilden Erdbeeren im Park der Klinik betrachtete. Fünf Monate nach dem Antrag machte sie die ersten Schritte ohne Rollator am Ufer der Oos im schönen Baden-Baden, trat in einen Hundehaufen – was angeblich Glück bringen soll, uns aber sogleich erinnerte, dass selbst dieses Paradies nicht frei von Übeln ist.

Viele wirkliche Glücksmomente kamen seither hinzu, früher Selbstverständliches wurde lustvolles neues Erleben, gar Abenteuer. Wir sind Ärzten, Physiotherapeuten, Logopäden, Pflegekräften, Freunden, zahl- und namenlosen Helfern im Hintergrund von Herzen dankbar, weil es ohne sie dieses Glück nicht gäbe.

Gut möglich, dass es auch die Neufassung dieses Buches nicht gäbe, denn zum einen halfen Kenntnisse und Erfahrungen, die schon die Erstauflage enthielt, bei der Rehabilitation; zum anderen wurde die Strategie des Froschs im Sahnetopf bestätigt: Wenn du dich nicht aufgibst, sondern strampelst, wird aus der Sahne Butter, dann kommst du aus dem fetten Elend heraus: froh und munter, sogar um einiges stärker und klüger.

Und da die Beweggründe nicht entfielen, aus denen ich „Der menschliche Kosmos“ geschrieben habe, weder die Sorgen, Konflikte und Ärgernisse noch die ermutigenden, bewährten Methoden des Perspektiv- und Strategiewechsels, dürfen meine Frau und ich uns aufs Erscheinen von „Kosmos 2.0“ freuen.

Auch dabei hatten wir sachkundige Hilfe und danken unseren Freunden und Verlegern: Hans-Jürgen Salier nahm schon 2004 mein Manuskript in seinem Hilburghäuser Verlag Frankenschwelle an, sein Sohn Bastian publizierte es als eines der ersten im 2006 neugegründeten Salier Verlag in Leipzig – der Anfang einer wunderbaren Zusammenarbeit.

Bald werde ich 70. Der Blick aufs Weltgeschehen bietet nur hartgesottenen Ignoranten rosige Aussichten, und nur Frösche, die gern in fetter Sahne ersticken wollen, können die Füße ruhig halten. Keine Ahnung, wie lange Zeit und Kräfte für anhaltend munteres Strampeln ausreichen. Keine Ahnung, wie groß der Topf ist, wieviele andere am rettenden Boden unter den Füßen mitarbeiten. Immerhin gibt es sie. Vielleicht gehören Sie, geneigte Leser, dazu: Es wäre uns eine große Freude. Freund Hein, alias „der Gevatter“ darf im Buch nochmal auftreten – er hat aber auch hier nicht das letzte Wort.

 

Eigensinn verpflichtet! » Leben Lesen